Am 11. November 2016 durfte ich zum zweiten Mal Deutschland bei einer Weltmeisterschaft vertreten. Wie schon 2015 flog ich auch in diesem Jahr nach Katar, um mich in der Hauptstadt Doha mit den besten Ultramarathonläufern der Welt zu messen.
In dem kleinen Land auf der Arabischen Halbinsel am persischen Golf treffen viele Gegensätze aufeinander: wie zum Beispiel Wüste und Meer, Reichtum und Armut, sportliche Begeisterung und sportliches Desinteresse. Die Wetterbedingungen in Doha waren für mich als Leistungssportler wieder eine große Herausforderung, mit der ich in diesem Jahr mehr zu kämpfen Jahr hatte als 2015 als ich den 9. Platz erreicht hatte. Trotz einer Startzeit um 18 Uhr waren es während des Rennens zwischen 25 und 28 Grad heiß. Da ist die Frage berechtigt, warum Weltmeisterschaften bei diesen Bedingungen überhaupt ausgetragen werden. Die Antwort ist einfach: Es lassen sich nur sehr schwierig Veranstalter von sportlichen Wettbewerben in den Randsportarten finden, die bereit sind die Kosten zu tragen. Die Aspire Zone, die als Organisation die Veranstaltung ausrichtet, ist gleichzeitig ein sehenswertes Sportareal für alle Sportarten und organisiert und finanziert die Weltmeisterschaft. Sie ist eine grüne Insel in einer Stadt, die auf Wüstensand gebaut worden ist. Auf diese grüne Insel werden Sportler aus der ganzen Welt gelockt: viele Weltmeisterschaften diverser Sportarten wurden dort schon ausgetragen und der FC Bayern München wählte diesen Ort schon mehrfach für ein Trainingslager im Winter aus. Auch dieses Mal war ich positiv davon überrascht, dass auf diese grüne Insel mit den Sportanlagen um einen künstlich angelegten See herum auch Hobbysportler aus der ganzen Stadt gelockt werden, um dort zu trainieren. Wenn ein Funke Motivation im Sinne der sportlichen Bewegung von den Wettkämpfen in dem Land auf die Bevölkerung überspringen würde, wäre das ein positives Zeichen.
Im Vordergrund stand aber der sportliche Wettstreit mit den anderen Nationen. In diesem Jahr war der Deutsche Leichtathletik-Verband der Empfehlung der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung gefolgt und hat ein komplettes Männerteam für die Mannschaftswertung nominiert. Neben der Einzelwertung bildete ich zusammen mit Benedikt Hoffmann aus Freiburg und Marco Bscheidl aus Passau ein Team. Zusammen kämpften wir um eine Teammedaille. Und dieser Kampf “in der Wüste” war sehr lohnend, auch wenn er bei mir mit einigen Qualen verbunden war. Die Medaillen wurden unter den USA, Kenia, Großbritannien, Japan und und unserem Team aus Deutschland ausgemacht. Diese Chance trieb mich besonders auf den letzten 20 Kilometern an, auf denen ich von Krämpfen in Beinen aber auch Armen geplagt wurde. Und tatsächlich klappte es. Obwohl ich mich nach 3:25 Stunden völlig entkräftet ins Ziel schleppte, gewannen wir völlig überraschend die Bronze-Medaille. Ebenso überraschend kam kurz nach mir die derzeit schnellste deutsche Ultramarathonläuferin ins Ziel, Nele Alder-Baerens. Sie wurde sensationell Vize-Weltmeisterin. Erstaunlicherweise hat Nele mit Hitze keine Probleme und wirkte nach dem Rennen äußerst frisch! So kam es, dass alle Mitglieder des Deutschen Aufgebots mit einer Medaille nach Hause und den persönlichen Glückwünschen des deutschen Botschafters in Katar zurück nach Deutschland flogen.
Ich hoffe, dass das faire Kräftemessen bei dieser Weltmeisterschaft eine friedliche Botschaft in die Welt getragen hat.
Mit leidenschaftlichen Grüßen
Auch zu Beginn des neuen Jahres 2016 war ich damit beschäftigt, die Eindrücke und Erlebnisse der Weltmeisterschaft über 50 km in Doha (Quatar) zu verarbeiten. Von dem Wettkampf hatte ich mich körperlich erstaunlich schnell erholt und ließ das Laufjahr 2015 bei einem landschaftlich sehr reizvollen Silvesterlauf von Zossen nach Ludwigsfelde in Brandenburg ausklingen.
Doch es dauerte sehr lange, um die Emotionen meiner WM-Premiere einzuordnen. Auf jeden Fall wurde mir erneut klar: der Bereich des Ultramarathonlaufens passt am besten zu meiner Persönlichkeit. Nicht nur das tägliche Training ist ein perfekter Ausgleich und gibt mir Kraft, die vielfältigen Hindernisse des Lebens zu bewältigen. Auch der Sport selbst, die Wettkämpfe, geben mir Motivation, an meine Leistungsgrenze zu kommen und diese kontinuierlich zu verschieben.
Wenn dann noch die Leidenschaft entfacht ist, bin ich kaum zu bremsen. Doch wenn ich auch über 100 km erfolgreich sein möchte, muss ich lernen diese Leidenschaft und meine Energie möglichst effektiv und gleichmäßig einzuteilen. Dies ist ein Ziel, was ich sehr gerne in diesem Jahr erreichen würde.
Am 4. Dezember wird in Spanien die Weltmeisterschaft über 100km ausgetragen. Ich möchte dabei sein, um mich mit den besten Langstreckenläufern der Welt zu messen. Dazu muss ich mich qualifizieren. Ich muss dazu die 100km bei meinem Debüt in einer Zeit laufen, so dass ich zu den sechs besten Deutschen über diese Distanz gehöre. Das wird mein Ziel bei den Deutschen Meisterschaften über 100km im August sein. Am 20.08. werde ich in Leipzig versuchen, mir das Ticket zur WM zu sichern. Bis dahin habe ich noch einen langen Weg vor mir und ich muss gewissenhaft trainieren. Ich möchte meinen Körper fordern aber nicht überfordern. Es wird eine Gratwanderung werden.
Ich möchte auch im Jahr 2016 zeigen, dass das Laufen in diesem Bereich nicht zur Qual werden muss, sondern durchaus viel Freude bereiten kann. Ich möchte mehr Laufen — I want it more!
Mit leidenschaftlichen Grüßen