Die größte Hürde bei einer Hüttenwanderung ist für mich, nur das mitzunehmen, was ich wirklich unterwegs benötige. Der Rucksack sollte mit Essen und Getränke nicht mehr als 10kg wiegen. Das habe ich noch nie geschafft. Und insofern sollte auch diese Wanderung wieder ein wenig dem Athletik-Training und der Kraftausdauer dienen. Dieses Mal hatte ich mich für eine ganz besondere Tour entschieden. Von Oberstdorf nach Meran sollte es nicht den klassischen E5 Fernwanderweg entlang gehen, sondern auf einer alternativen Route etwas anspruchsvoller über einige Gipfel und dabei über den zweithöchsten Berg Österreichs gehen. Da ich mir das nicht alleine zutraute, schloss ich mich einer geführten Wandergruppe an.
Das klang nicht nur gut, sondern motivierte mich so, dass ich mich eine Woche lang extra auf diese Tour vorbereiten wollte. Ich hatte vor, mir den Muskelkater – gerade vom Bergablaufen – schon vor der Tour und nicht auf der Tour zu holen. Und das tat ich dann auch Mitte August in der Umgebung von Oberstdorf bzw. im Kleinwalser Tal. Dort, wo ich als kleines Kind Skifahren gelernt habe, und in den letzten Jahren im Sommer die Grundlagen für die Herbstwettkämpfe beim Laufen gelegt habe, war ich nun in Bergstiefeln unterwegs, die steigeisengeeignet waren. Der muskelkater stellte sich schnell ein und nicht nur das. Ganz ungewohnt bekam ich auch dicke Blasen, die mich zum Verzweifeln brachten.
Und dann ging es wirklich los: 7 Tage, von Hütte zu Hütte, bei Regen, Schnee und viel Sonnenschein. Die Gruppe setzte sich aus drei weiteren Flachlandtirolern wie mir und einer Bergführerin zusammen. Das Tempo war für mich moderat. So konnte ich die Landschaft richtig genießen. Am zweiten Tag ging es in den Allgäuer Alpen auf den ersten Gipfel: das Hohe Licht mit immerhin 2561 Höhenmetern. Das war schon ganz schön hoch. Doch es sollte noch viel höher gehen. Und genau das wollte ich erleben.
Diese Welt, wo keine Bäume mehr wachsen, dafür wunderhübsche Blumen im kurzen Bergsomer von Ende Juni bis Anfang September blühen, ist so anders, als das, was ich bei meinen Trainingsläufen im Grunewald erlebe. Und hier kam ich wirklich zur Ruhe. Hier zählten keine Bestzeiten und Erfolge. Hier zählte der Zusammenhalt im Team. Wir waren rund um die Uhr zusammen. Und wir passten aufeinander auf. Wir teilten Kummer und Sorgen und eben auch ganz,ganz viel Freudige Dinge: der Anblick von Mumeltieren und lustigen Kühen, das Baden im Bergsee, das Bier am Ziel der Tagestour, Kaiserschmarrn, weite Ausblicke über die Wolken hinweg bis an den Horizont und noch Vieles mehr.
Mein Höhepunkt der Tour war die Besteigung der Wildspitze. Sie ist mit 3768m der zweithöchste Berg nach dem Großglocker Österreichs. Über einen langgestreckten Gletscher, der von einigen Spalten durchsetzt ist, ging es stetig bergan. Angeseilt und mit Steigeisen an den Füßen habe ich mich absolut sicher gefühlt. So umrundeten wir den Gripfel zur Hälfte. Am Ende ging es über Felsbrocken auf den Gipfel. Ein absolut tolles Erlebnis, das ich nie vergessen werden und das mich verändert hat.
Ich denke, dass ich auf dieser Hochtour ganz unbewusst Dinge erlebt habe, an denen ich gewachsen bin. Auf jeden Fall habe ich eine gewisse Lockerheit mitgenommen, die mir hilft, mich den Herausforderungen bei den kommenden Laufwettbewerben zu stellen. Eine solche Tour kann ich absolut empfehlen!