Für mich ist es immer eine ganz besondere Ehre das Trikot mit dem Logo meiner Hochschule — der Beuth Hochschule für Technik in Berlin — zu einem Wettkampf überzustreifen. Nach zwei Hochschultiteln über die 10-Kilometer-Distanz wollte ich nun in Mainz im Rahmen des Gutenberg Marathons über die Halbmarathon-Distanz erfolgreich sein.
Leider fiel Dominik Fabianowski nach einem Trainingslager in den Rocky Mountains verletzt aus. Mit ihm war ich bei der Marathon-DM 2014 in München lange Zeit zusammen gelaufen. Auf ein erneutes Zusammentreffen mit dem Deutschen Vizemeister hatte ich mich gefreut. Damit ging ich als alleiniger Favorit ins Rennen um den Hochschultitel. Ganz Mainz war auf den Beinen. Der SWR produzierte sogar eine Live-Übertragung. Wie zuletzt in Fulda war auch mein Trainingspartner Gerrit Wegner mit dabei. Diesmal wollte er wieder die längere Distanz übernehmen. Ein Doppelsieg schien nicht unmöglich zu sein, auch wenn er mit dem Berliner Alexander Dautel einen ebenbürtigen Konkurrenten hatte. Ich ging meinen Wettkampf entsprechend selbstbewusst an und reihte mich hinter fünf Afrikanern ein, die die Marathondistanz in Angriff nahmen. Die ersten Kilometer führten rheinabwärts. Einige Richtungswechsel und Eisenbahnunterführungen sorgten für Abwechslung. Erst nach vier Kilometern zog das Quintett auf und davon. Ab nun war ich auf mich alleine gestellt. Das funktionierte sehr gut. Ich konnte das schnelle Anfangstempo sehr lange halten. Bei Kilometer 9 überholte mich ein Ukrainische Duo. Ein Marathonläufer und ein Tempomacher. Dass letzterer beim Halbmarathon aussteigen würde, wusste ich nicht. Ich lief zwei Kilometer mit, dann konnte ich dem Tempo von 3:10 min/km nicht mehr folgen. Ich konzentrierte mich auf mich selbst. Es ging nun durch die Altstadt und die Zuschauer feuerten mich kräftig an. Die Strecke führte über den Gutenbergplatz, der so wie der Lauf auch nach Johannes Gutenberg benannt ist. Dieser wurde vor ca. 600 Jahren in Mainz geboren und gilt als Erfinder des modernen Buchdrucks. Beim Durchstreifen der Stadt merkt man deutlich wie Stolz die Einwohner auf ihre Berühmtheit sind. Sein Wirken sollte auch nicht in Vergessenheit geraten. So wie das Internet heute, hat er das Leben durch einen einfacheren Informationsfluss revolutioniert und den Wohlstand durch bessere Bildung ermöglicht. Ich bin sehr froh im Jahr 1987 geboren worden zu sein und nicht in einer anderen Zeit. Zurück zum Rennen: bei einem Wendepunkt im südlichsten Teil der Strecke konnte ich die Abstände nach vorne und hinten ausmachen. Ein afrikanisches Marathon-Trio war ca. drei Minuten voraus. Zwei weitere Afrikaner folgten mit Rückstand. Kurz darauf kam das urkainische Duo auf das ich einen Rückstand von ca. einer Minute hatte. Weitere zwei Minuten nach mir kam der Regensburger Dennis Pyka zum Wendepunkt. Nach der Wende kam der Wind anschließend von vorne. Die letzten Kilometer kosteten also ordentlich Kraft. Mein Hochschul-Titel war mir nahezu sicher und so setzte ich nicht mehr zu einem richtigen Endspurt an. Das Ziel erreichte ich nach 68:24 Minuten. Ich freute mich sichtlich über diese zweite Zugabe in diesem Frühjahr. Das wurde auch im Interview deutlich, dass ich dem SWR gab. Meine Leidenschaft sprudelte förmlich aus mir heraus.
Nachdem ich mir etwas Trockenes angezogen hatte und bei der Siegerehrung auf die große Bühne gebeten wurde, versuchte ich meinen Trainingskollegen Gerrit, bei km 40 anzufeuern. Doch er war schneller unterwegs als ich erwartet hatte und lieferte sich mit dem Berliner Alexander Dautel einen beherzten Endspurt. Diesen gewann er und wurde zunächst auch direkt als Hochschulmeister im Marathon ausgerufen, doch bei der Siegerehrung wurde er auf Platz zwei geschoben, weil die Organisatoren der Ansicht waren, es würde die Nettozeit zur Erstellung der Rangfolge gelten. Da war nicht nur er, sondern auch unser Trainer und ich anderer Ansicht gewesen und wir hoffen, dass unser Protest Erfolg haben wird. Ich finde, dass immer derjenige der Sieger sein sollte, der auch als erster das Ziel erreicht.