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Binzer Halbmarathon - Niels Bubel

Es ist nicht mei­ne Art, eine neue Best­zeit beim Hö­he­punkt der ers­ten Jah­res­hälf­te mit ei­ner Par­ty­nacht in­klu­si­ve Al­ko­hol zu fei­ern. Ich ge­nie­ße viel lie­ber für mich al­lei­ne und spei­che­re die Mo­ti­va­ti­on für neue Vor­ha­ben. Nach dem er­folg­rei­chen Halb­ma­ra­thon an der Elbe woll­te ich mei­ne ers­te Sai­son­hälf­te noch nicht be­en­den. Ich woll­te mir noch ei­nen Lauf su­chen, bei dem ich noch ein­mal schnell un­ter­wegs sein und gleich­zei­tig ohne Zeit­druck den Wett­kampf un­be­schwert ge­nie­ßen wür­de kön­nen. So war zu­min­dest mein Plan und ich ent­schied mich kurz­fris­tig, eine Tour an die Ost­see zu un­ter­neh­men.

Der Bin­zer Halb­ma­ra­thon hat­te mich nach Rü­gen ge­lockt. Am Vor­abend freu­te ich mich sehr über den Ur­laubs­flair am meer und at­me­te die fri­sche, kla­re Luft tief ein. Al­lein für die­se kur­ze Ent­span­nung fern von der Groß­stadt hat­te sich die Rei­se schon ge­lohnt. Zu­frie­den schlu­ief ich ein und wach­te völ­lig aus­ge­ruht bei herr­li­chem Son­nen­schein auf. Das Was­ser war spie­gel­glatt und glänz­te wun­der­schön. Ich war be­reit für den Rund­kurs durch die Ber­ge der Gra­nitz auf der größ­ten In­sel Deutsch­lands.

Ganz ohne Plan woll­te ich die­sen Halb­ma­ra­thon je­doch nicht be­strei­ten. Ich wuss­te, dass der Stre­cken­re­kord nach den ers­ten vier Aus­tra­gun­gen bei rund 1:13 Stun­den lag. Die­sen woll­te ich un­ter­bie­ten, ohne al­les ge­ben zu müs­sen. Der Start­schuss fiel und so­fort wur­de rich­tig Tem­po ge­macht. Ich ging nicht so­fort mit. Der Ath­let vom Team Ha­pi­mag Binz, Chris Ger­del, wür­de ver­mut­lich nur mal zu Be­ginn vor­ne sein wol­len. Da hat­te ich mich aber schwer ge­täuscht. Ich sah sehr bald, dass er lau­fen konn­te und den Berg zur Steil­küs­te hoch flog. Nach 3 Ki­lo­me­tern auf Ab­stand schloss ich die Lü­cke und folg­te dem drei­ma­li­gen Deut­schen Ju­gend­meis­ter über 1500 Me­ter im sel­ben Tem­po berg­auf und berg­ab. Nach dem Klün­der­berg ging es durch die Teu­fels­schlucht bis zur Kreu­zei­che, wo wir die 5 Ki­lo­me­ter-Mar­ke er­reich­ten. Deut­lich un­ter 16:00 Mi­nu­ten auf mei­ner Uhr be­stä­tig­ten das hohe An­fangs­tem­po. Chris wur­de nun et­was ru­hi­ger, zu­min­dest kam es mir so vor. Ein Blick auf Höhe des Schwar­zen Sees ver­riet, dass uns je­mand auf den Fer­sen war und nä­her kam. Das woll­te ich ver­hin­dern und ging nach vor­ne. Die nächs­ten 2 Ki­lo­me­ter mach­te ich be­son­ders berg­ab Dampf. Ich war der Hoff­nung mir ei­nen Vor­sprung zu er­ar­bei­ten. Bei Ki­lo­me­ter 9 gab mir der Füh­rungs­rad­fah­rer aber zu ver­ste­hen, dass mein Vor­sprung schmolz. Ich schal­te­te noch ei­nen Gang hö­her. Noch schnel­ler und ich hät­te das Ren­nen nicht über­stan­den. Ich pas­sier­te die 10 Ki­lo­me­ter-Mar­ke in 31:50 Mi­nu­ten und das bei die­ser Stre­cke. Ich war am An­schlag und frag­te mich, wer mir wohl im Na­cken saß. Sein Schat­ten hat­te mich schon er­fasst, als ich es wag­te, zur Sei­te zu bli­cken.

Das konn­te doch nicht wahr sein. Mit ei­nem völ­lig ent­spann­ten Schritt zog an mir ein Afri­ka­ner vor­bei. Ei­nen Mo­ment war ich ge­lähmt. Da­mit hat­te ich nicht ge­rech­net. So­fort nahm er mir ein paar Me­ter ab. Ich kam gar nicht auf die Idee ihm fol­gen zu kön­nen. Erst nach ei­nem wei­te­ren Ki­lo­me­ter merk­te ich, dass ich sein Tem­po durch­aus mit­ge­hen könn­te. Nä­her kam ich ihm aber nur berg­an. Berg­ab ließ er es lau­fen. Auch wenn ich es schon ein we­nig ver­passt hat­te, woll­te ich mich auf ein klei­nes Du­ell ein­las­sen. Ob er nur mit mir spiel­te oder ich ihm ernst­haft ge­fähr­lich wer­den könn­te, war mir in dem Mo­ment nicht so wich­tig. Ich war froh, ganz un­ver­hofft den Renn-Mo­dus ge­fun­den zu ha­ben. Na­tür­lich hat­te ich auf der ers­ten Renn­hälf­te schon sehr viel in­ves­tiert. Ich woll­te aber nicht nur den Platz ab­si­chern. Von Ki­lo­me­ter 15 — 19 blieb der Ab­stand kon­stant bei 10 — 15 Se­kun­den. Erst auf den letz­ten zwei Ki­lo­me­tern wur­de mir klar, dass ich zu ei­nem End­spurt nicht mehr in der Lage war. Mein Ziel war nun un­ter 1:10 Stun­den zu blei­ben und das schien zu klap­pen. Glück­lich über­quer­te ich die Ziel­li­nie nach 1:09:28 Stun­den.

Ts’otleho Pe­ter Fane, der in Ros­tock lebt, hat­te mir 26 Se­kun­den ab­ge­nom­men. Wir gra­tu­lier­ten uns ge­gen­sei­tig zum gu­ten Ren­nen und er ver­riet mir, dass er aus Le­so­tho, ei­nem In­sel­staat mit­ten in Süd­afri­ka, käme. Chris Ger­del blieb bei sei­nem ers­ten Halb­ma­ra­thon über­haupt eben­falls un­ter dem al­ten Stre­cken­re­kord. Das Ren­nen emp­fand ich als tol­le Zu­ga­be und ich bin mir si­cher, nach Binz für ein klei­nes Trai­nings­la­ger zu­rück­zu­keh­ren. Der Son­nen­schein be­glei­te­te mich auf dem ge­sam­ten Weg zu­rück nach Ber­lin und ich ge­noss die Aus­blick aus dem Zug. Bis zum Run of Spi­rit am Pfingst­mon­tag wer­de ich nun eine Lauf­pau­se ein­le­gen. Dann be­ginnt die Vor­be­rei­tung auf mei­nen Herbst­ma­ra­thon und da­mit ein neu­es Aben­teu­er.