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Lichterpaarlauf am Nikolaustag in Potsdam
Früh am Mor­gen — ich hat­te ex­tra mei­ne Lauf­schu­he vor die Woh­nungs­tür ge­stellt — wur­de ich bit­ter ent­täuscht: Die Schu­he wa­ren leer. Kei­ne Scho­ko­la­de, kein Mar­zi­pan. Wa­ren die Schu­he nicht sau­ber ge­nug? Hat­te das Schuh-Deo ver­sagt? Die­se Fra­gen be­schäf­tig­ten mich beim Früh­stück. Sei­ne ei­ge­ne Woh­nung zu ha­ben hat eben auch Nach­tei­le. Mei­ne Ge­dan­ken rich­te­ten sich aber schnell auf den Hö­he­punkt des Ta­ges, wor­auf sich mein Läufer­herz schon eine Wo­che lang freu­te. Mein ers­ter Wett­kampf in der neu­en Auf­bau­pha­se nach vier­wö­chi­gem Trai­ning. Der Pots­da­mer Lauf­club (PLC) ver­an­stal­te im Sta­di­on am Luft­schiff­ha­fen ei­nen Lich­ter­paar­lauf, bei dem sich zwei Läu­fer 60 Mi­nu­ten lang Run­de für Run­de ab­wech­seln. Wer zu zweit am meis­ten Ki­lo­me­ter schafft, der hat ge­won­nen. Um’s Ge­win­nen soll­te es heu­te aber nicht ge­hen — so dach­te ich…

Die Schuh­wahl fiel nach ei­nem lo­cke­ren Lauf am Mit­tag klar auf mei­ne All­roun­der-Spikes von Brooks, um bei 15 cm Neu­schnee nicht ins Rut­schen zu ge­ra­ten. Wäh­rend der 30 km lan­gen Rei­se zum Olym­pia­stütz­punkt Pots­dam wur­de ich ein zwei­tes Mal an die­sem Tag ent­täuscht: alle Lauf­part­ner, die ihr Kom­men an­ge­kün­digt hat­ten, stan­den aus ver­schie­de­nen Grün­den nicht mehr zur Ver­fü­gung. Soll­ten -5 Grad und ein biss­chen Schnee alle ab­schre­cken oder woll­ten sie in Ruhe ihre Sü­ßig­kei­ten in ih­ren Stie­feln ver­spei­sen? Das war mir gleich. Ich woll­te nur ei­nes: schnell lau­fen und das zum ers­ten Mal mit mei­ner neu­en X-Kross auf der Nase.
Im letz­ten Mo­ment war das Glück auf mei­ner Sei­te: Ste­fan Hu­bert vom PLC, der schon mehr­mals im Ma­ra­thon un­ter 2:30 Stun­den ge­blie­ben ist, war eben­falls auf der Su­che nach ei­nem Part­ner. Zwei Ma­ra­tho­nis in ei­nem Team. Bes­ser ging es nicht. Fast hät­te ich den Start ver­passt, da die Su­che so viel Zeit ge­kos­tet hat­te, dass ich beim Start­schuss noch in der Ka­bi­ne beim Schuh zu­schnü­ren war.

Auf Ste­fan war Ver­lass. Nach­dem er 400m vor­ge­legt hat­te, war ich ge­ra­de recht­zei­tig im Wech­sel­be­reich. Ich über­nahm und drück­te vol­ler Ad­re­na­lin so­fort auf das Tem­po. So rich­tig schnell war das noch nicht, da ich noch gar nicht rich­tig auf Be­triebs­tem­pe­ra­tur war. Ich war er­staunt, wel­ches Tem­po die an­de­ren an­gin­gen. Zu­rück­hal­ten woll­te ich mich aber auch nicht und der Ab­stand zu Ste­fan Hendt­ke, der dann auf Ha­gen Bro­si­us über­gab, soll­te über­schau­bar blei­ben. Ich schob mich also auf Platz zwei vor, wo­bei ei­ni­ge der an­de­ren Paa­re nur für die 30 Mi­nu­ten-Wer­tung ge­mel­det hat­ten. Die ers­te Run­de war ge­schafft. Was für ein Ge­fühl. ich hat­te das Ren­nen nicht ver­lernt. Auf den nächs­ten Run­den woll­te ich es wis­sen, auch wenn ich wuss­te, dass ich mir die Kraft gut ein­tei­len soll­te. Der ers­te Teil lief flüs­sig, doch plötz­lich hing mir Ha­gen an mei­nen Fer­sen. Wie konn­te das sein? In den ers­ten 20 Mi­nu­ten muss­ten sie ge­flo­gen sein. Kampf­los woll­te ich ihn nicht vor­bei­las­sen. Ich zog durch und konn­te den Schritt gut hal­ten. Es ge­lang mir, Ha­gen hin­ter mir zu hal­ten. Auch Ste­fan Hu­bert konn­te die Über­run­dung ver­hin­dern. Das mo­ti­vier­te und wir konn­ten an­schlie­ßend Run­de für Run­de wie­der Bo­den gut ma­chen. Das Tem­po konn­te ich zwar hal­ten, aber nach 45 Mi­nu­ten hat­te ich ein we­nig mit dem Ma­gen zu kämp­fen, der das Tem­po nicht ge­wöhnt war. Das Ziel Dank der ex­tra be­lüf­te­ten X-Kross Sport­bril­le ohne Be­schla­gen im­mer vor Au­gen und die Weih­nachts­mu­sik in den Oh­ren zu ha­ben, lenk­te ab und ich konn­te mich ja wohl über ein we­nig Grum­meln des Ma­gens nicht be­schwe­ren. Zeit­wei­se ka­men Ste­fan und ich wie­der bis auf 200 Me­ter an Ha­gen und Ste­fan Hendt­ke her­an. Da­bei soll­te es dann aber auch blei­ben und zum Ende pas­sier­te nicht mehr viel. Zu zweit ka­men wir auf 52,5 Run­den, was 21,0 km ent­spricht und ein Schnitt eine Zeit von 68,5 Se­kun­den pro Run­de be­deu­tet. Das Last-Mi­nu­te-Team er­reich­te ei­nen aus­ge­zeich­ne­ten zwei­ten Platz.

Ich dan­ke Ste­fan Hu­bert für sei­nen gran­dio­sen Ein­satz, Ste­fan Hendt­ke und Ha­gen für das span­nen­de Du­ell und al­len Men­schen, die die­ses Lauf­spek­ta­kel für 130 Teams mög­lich ge­macht ha­ben. Mein Dank gilt auch al­len Mit­läu­fern, denn al­lei­ne zu Lau­fen ist nur halb so span­nend. Gleich­zei­tig möch­te ich für die eine oder an­de­re Kol­li­si­on in der chao­ti­schen Wech­sel­zo­ne um Ent­schul­di­gung bit­ten. Al­les zu­sam­men er­gab ein tol­les Lauf­erleb­nis. Der Frust der lee­ren Schu­he am Mor­gen war spä­tes­tens dann ver­ges­sen, als es die Tro­phäe in Form ei­nes Scho­ko­la­den­ni­ko­laus gab.

Er­geb­nis­lis­te