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Niels Bubel - Hochschulmeister im Straßenlauf über 10km 2013

Deut­scher Hoch­schul­meis­ter 2013 im Stra­ßen­lauf über 10km zu sein. Das fühlt sich ver­dammt gut an. Es ist mein ers­ter Meis­ter­ti­tel in ei­ner Ein­zel­wer­tung über­haupt. Heu­te bot sich mir die Chan­ce dazu und ich habe kei­nen Mo­ment ge­zö­gert, sie zu nut­zen.

Das Ren­nen war für mich sehr span­nend. Die Stre­cke in Wit­ten auf dem Cam­pus der Uni­ver­si­tät Witten/Herdecke for­der­te den Teil­neh­mern so ei­ni­ges ab. Auf je­der der vier
Run­den muss­ten 29 Hö­hen­me­ter be­wäl­tigt wer­den. Dazu ging es durch ei­ni­ge enge Kur­ven und so­gar mit­ten über den Hof ei­nes Bau­ern­ho­fes. Es war also ei­ni­ges los und ich da­durch sehr mo­ti­viert. An­ders als ge­wohnt bin ich nicht in mei­nem Ver­eins­tri­kot ge­star­tet. Heu­te trug ich das Logo mei­ner Hoch­schu­le auf der Brust und den Schrift­zug
auf dem Rü­cken. Dem Spit­zen­sport an der Beuth Hoch­schu­le für Tech­nik wird ein gro­ßer Stel­len­wert ein­ge­räumt und auch ich pro­fi­tie­re von ei­ner op­ti­ma­len För­de­rung. So ist es für mich eine gro­ße Ehre die Sie­ger­na­del in Gold nach Ber­lin ge­holt zu ha­ben.

Am Start schwank­te ich zwi­schen ei­ner in­ne­ren Ge­las­sen­heit und gleich­zei­ti­ger Un­ru­he. Wann fällt end­lich der Start­schuss? Wie ha­ben mei­ne Bei­ne das letz­te Trai­ning ver­kraf­tet? Doch zu­vor muss­te ich noch eine ganz an­de­re Be­wäh­rungs­pro­be be­stehen. Der Mo­de­ra­tor und ehe­ma­li­ge Läu­fer Jo­chen Baum­hof kam, von mei­nem leuch­tend blau­en Tri­kot an­ge­zo­gen, auf mich zu und stell­te mir un­mit­tel­bar vor dem Start ein paar Fra­gen: Wo­her ich käme und mit wel­cher Best­zeit ich an­ge­reist wäre. Auf den Start kon­zen­triert, ant­wor­te­te ich kurz und knapp: “Berlin.…und 31:40 Mi­nu­ten.” Ein klei­nes Rau­nen ging durch die Men­ge und Jo­chen Bau­mann kon­sta­tier­te, dass ich mit die­ser Zeit wohl ganz weit vor­ne lan­den dürf­te. Tja, ge­nau das hat­te ich vor. Jetzt brauch­te ich mich also nicht mehr ver­ste­cken. Alle an­de­ren wa­ren oh­ne­hin vor­ge­warnt. Be­vor ich wei­ter drü­ber nach­den­ken konn­te, wur­de das Ren­nen ge­star­tet.

Ich be­ob­ach­tet das Feld und ver­such­te das Tem­po auf­zu­neh­men. Im­mer wie­der wech­sel­te die Füh­rung, das Tem­po war un­ru­hig. Nie­mand woll­te das Zep­ter in die Hand neh­men. So blieb eine gro­ße Füh­rungs­grup­pe bei­sam­men. Für mich lief es op­ti­mal. Ich konn­te mü­he­los da­hin­glei­ten und Kraft spa­ren. Bis aus An­dre­as Kuh­len, der als er­folg­rei­cher Mit­tel­stre­cken­läu­fer be­acht­li­che 30:51 Mi­nu­ten über 10 Ki­lo­me­ter vor­zu­wei­sen hat, wa­ren mir die an­de­ren Kon­tra­hen­ten un­be­kannt. Die ers­ten bei­den Run­den ver­gin­gen un­glaub­lich schnell. Da­bei ver­klei­ner­te sich die Spit­zen­grup­pe na­tur­ge­mäß von al­lei­ne und nach rund 4 Ki­lo­me­ter führ­te ich das Feld an. Es war also an der Zeit. Woll­te ich heu­te er­folg­reich sein, muss­te ich die­se Chan­ce ge­nau jetzt nut­zen. Wie soll ich An­dre­as auch nur an­nä­hernd im End­spurt un­ter Druck set­zen, wenn er die 400 Me­ter rund 8 Se­kun­den schnel­len lau­fen kann als ich? Also be­schleu­nig­te ich in der drit­ten Run­de, die da­mit 15 Se­kun­den schnel­ler wur­de, als alle an­de­ren Run­den im re­la­tiv kon­stan­ten Schnitt. Beim An­stieg bei Ki­lo­me­ter hat­te ich Er­folg und konn­te mich ein Stück ab­set­zen. Das war der Schlüs­sel­mo­ment. Nun muss­te ich das Tem­po al­lei­ne hoch­hal­ten und mein Ding ma­chen. Ein­gangs der letz­ten Run­de hat­te ich ca 10 Se­kun­den Vor­sprung. Der Ner­ven­kit­zel war nun grö­ßer als mir lieb war. Ich hat­te ei­nen gro­ßen Re­spekt vor An­dre­as. Zu­letzt war er im Hö­hen­trai­nings­la­ger in Flagstaff. Ich konn­te mir also kein Stück si­cher sein. Also zog ich mich den letz­ten gro­ßen An­stieg hin­auf. Jetzt wa­ren es nur noch 1500 Me­ter bis ins Ziel. Jetzt lag es nur noch an mei­nen Bei­nen. Den gan­zen Win­ter hat­te ich je­den Tag hart ge­ar­bei­tet. Nun konn­te ich et­was schaf­fen, von dem ich lan­ge Zeit ge­träumt hat­te. Beim Ein­bie­gen auf die Ziel­ge­ra­de schau­te ich zu­rück. Da war nie­mand. Ein we­nig un­gläu­big ver­lieh ich mei­ner Freu­de Aus­druck und über­quer­te Freu­de­strah­lend als Ers­ter die Ziel­li­nie un­ter dem Ziel­bo­gen.

Da­mit ist mir ein wei­te­rer Schritt, ein ganz be­son­de­rer Schritt, auf dem Weg zu mei­nem nächs­ten Ma­ra­thon ge­glückt. Dass das nicht selbst­ver­ständ­lich ist, muss zur Zeit lei­der der Hoch­schul­meis­ter über 10 Ki­lo­me­ter und Deut­sche Ma­ra­thon­meis­ter von 2012, Jan Si­mon Ha­mann, er­fah­ren. Bei dem Bo­chu­mer wur­de vor Kur­zem ein Er­mü­dungs­bruch im Hüft­be­reich dia­gnos­ti­ziert. Ihm gilt mein Mit­ge­fühl, da er zur­zeit über­wie­gend sein Al­ter­na­tiv­trai­ning per Aqua­jog­gen im Was­ser durch­zie­hen muss. Ich wün­sche ihm viel Kraft die­se Tor­tur durch­zu­ste­hen. Erst nach der Sie­ger­eh­rung konn­te ich auf dem Weg zu­rück nach Ber­lin mei­ne Emo­tio­nen als Deut­scher Hoch­schul­meis­ter wirk­lich in Ruhe ge­nie­ßen.