Bereits im letzten Jahr wagte ich einen Doppelstart am anderen Ende der Stadt. Nachdem ich mich im letzten Jahr aber nach einem lockeren Warmlaufen über 5,7 Kilometer auf die 11 Kilometer lange Distanz konzentriert hatte, wollte ich in diesem Jahr ursprünglich nur den Streckenrekord auf der kurzen Distanz verbessern. Doch wie so oft kam alles anders. Diesmal traute mir mein Trainer Volkmar Scholz mehr zu. Erst am Morgen des Laufes kam die Anweisung zum Doppelstart. Damit stieg die Erwartungshaltung um einiges. Ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen und dachte zunächst nur an die erste Etappe.
Der Laufclub Ron Hill und der Kleingartenverein „Falkenhöhe-Nord“ hatten wieder tolle Bedingungen geschaffen, so dass ich mich nach der langen Reise nach Wartenberg sehr willkommen fühlte. Ich freute mich auf einen flotten Lauf auf dem abwechslungsreichen Rundkurs durch die Gartenanlage. Zusammen mit vielen Berlin-Cup-Teilnehmern ging ich nach dem Startschuss ins Rennen. Nach der ersten Kurve befand ich mich direkt an der Spitze. Die erste Runde wollte ich so schnell wie möglich gestalten, um einen Puffer für die Überrundungen in der zweiten und dritten Runde zu haben. Das gelang mir auch sehr gut. Es war schwieriger als ich gedacht hätte, das Tempo hinten heraus hoch zu halten. Doch mit den motivierenden Ansagen von Ecky Broy und Robert Wiese an den Mikrofonen konnte ich ja gar nicht anders als schnell laufen. Auch viele Zuschauer feuerten mich beherzt an und die Cheerleader gaben ihr bestes. Mit einem ordentlichen Endspurt flog ich in 17:49 Minuten über die Ziellinie und verbesserte damit die Rekordmarke auf der Strecke von Lennart Sponar um 11 Sekunden. Zeit zum Durchschnaufen blieb aber nicht, denn der nächste Startschuss sollte in nicht einmal 30 Minuten fallen. Nun war ich zwar schon ordentlich warm gelaufen, aber für weitere sechs Runden war das bei rund 25 Grad und Sonnenschein schon zu viel des Guten. Also verschwand ganz schnell, nachdem ich noch einen Interview- und einen Autogrammwunsch erfüllte. In Wartenberg wird ein zweifacher Streckenrekordhalter halt mit richtiger Anerkennung bedacht. Ich war positiv überrascht. Die Dusche brachte die nötige frische für den zweiten Teil. Für Teil zwei hatte ich extra einen zweiten Trikotsatz mitgenommen, auf der die zweite Startnummer befestigt wurde. Heute gab es halt alles im Doppelpack.
Die zweite Herausforderung an diesem Tag schien zunächst deutlich anspruchsvoller zu werden. Nicht nur, dass der Streckenrekord aus dem letzten Jahr mit frischen Beinen aufgestellt worden war. Diesen musste ich zunächst überhaupt einmal verteidigen. Denn es war kein geringerer als der Berliner Volker Goineau am Start, der für sein Studium die letzten Jahre in Kiel verbracht hatte und aktuell das Trikot des ART Düsseldorf trägt. So sollte es ein Zweikampf zwischen dem Art-Schwarz und dem Laufpartner-Blau werden. Für meinen Trainer war zwar klar, wer das Duell für sich entscheiden würde. Für mich jedoch nicht. Allerdings hielt ich mich trotz oder vielleicht gerade wegen der Vorbelastung für nicht chancenlos. Volker und ich gingen Seite an Seite ins Rennen und es sollte besonders für die Zuschauer eine spannender Wettkampfverlauf werden. Nach Runde eins von sechs waren wir noch gleichauf. Wir pushten uns gegenseitig, hatten Respekt vor dem jeweils anderen und nahmen das Rennen durchaus ernst. Nach Runde zwei hatte sich noch nichts getan. Robert Wiese und Ecky Broy bemerkten aber sehr wohl, dass die Spannung diesmal größer war und es kein Selbstläufer für mich war. Dankenswerterweise und vielleicht sollte das den Ausschlag geben, hatte ich die Zuschauer auf meiner Seite. Nach der dritten Runde fiel mir nach einem Blick auf die Uhr auf, dass wir noch relativ schnell unterwegs waren. Um einen neuen Rekord zu ermöglichen durften auf der zweiten Hälfte aber keine Sekunden verschenkt werden. Also zog ich ein paar Meter das Tempo an und ein Stückchen weiter erneut. Da bemerkte ich, dass mir Volker nicht direkt folgte. Zwar lief er die kleine Lücke immer wieder zu, aber nach weiteren Wiederholungen war die Lücke auf knapp 10 Sekunden gewachsen. Die Chance wollte ich nutzen und ließ in der vorletzten Runde nicht locker. Das sollte sich später auszahlen. Denn damit konnte ich nicht nur Volker auf Distanz halten, sondern mich auch bei der Jagd auf einen neuen Streckenrekord im Spiel halten. Und so kam es dann auch. Auf der letzten Runde war der Rückenwind durch die Zuschauer so groß, dass ich gar nicht mehr langsam laufen konnte. Auf der Zielgeraden wusste ich ich bereits, dass es reichen würde. Die Uhr tickte und blieb für mich bei 35:22 Minuten stehen. Das war eine knappe Kiste. Aber ich hatte nicht nur den Lauf mit einem Vorsprung auf Volker von 52 Sekunden gewonnen, sondern auch meine Streckenbestzeit um 4 Sekunden gesteigert. Das Doppelpack war vollständig. Zwei Starts, zwei Siege und zwei Streckenrekorde. Mehr ging nicht. Ich konnte es kaum fassen, aber das mit dem Doppelpack setzte sich bei der liebevoll moderierten Siegerehrung mit Robert Wiese weiter fort. Zwei Pokale für die jeweiligen Gesamtsiege, zwei für die Altersklassen Siege und tolle Gutscheine für die Streckenrekorde, die ich in Form neuer Laufschuhe für meine Laufzukunft gut anlegen werde. Zusammen mit einem üppigen Korb mit Bio-Leckereien mit Honig, Apfelsaft und und und, war dann selbst die Heimreise vielleicht sogar die schwierigste Aufgabe. So sollte die Lehre des Tages sein, dass derjenige, der schnell rennt, nicht vergessen darf, dass er auch die Geschenke nach Hause und in meinem Fall in den vierten Stock tragen muss. Doch das war mir ein Vergnügen, weil ich mich beim Erklimmen der Treppe Stufe um Stufe auf ein leckeres Honig-Brot freute, um wieder Kraft für die nächsten Streckenrekorde zu sammeln.