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Niels Bubel gewinnt den Birkenwäldchenlauf 2014 mit einem neuen Streckenrekord

War­um hast Du schon auf­ge­hört?”, frag­te mich mei­ne Oma nach­dem ich ins Ziel ge­lau­fen war. Nach mei­nem Ma­ra­thon-Test vor ei­ner Wo­che beim Na­tur­ma­ra­thon in Ma­ri­en­wer­der ha­ben sich die 10 Ki­lo­me­ter im Ber­li­ner Bir­ken­wäld­chen leicht und lo­cker an­ge­fühlt. So wie ein klei­ner Sprint. Nach Ad­lers­hof war auch mei­ne Oma mit­ge­kom­men, weil wir mit der Fa­mi­lie an­schlie­ßend ei­nen Ge­burts­tag fei­ern woll­ten. Da war für mich klar, dass ich mei­ner Oma zei­ge, wie viel Freu­de ich am Lau­fen habe. Im­mer­hin wird sie die­ses Jahr 90 Jah­re alt. Des­halb ist mei­ne Lau­ne be­son­ders gut, wenn sie bei ei­nem Lauf da­bei sein kann. Und mei­ne Eu­pho­rie hat sich ganz ein­deu­tig in Leis­tung um­ge­setzt.

Ich war sehr ver­wun­dert, dass mein Trai­ner mich nach der ers­ten gro­ßen Run­de ab­brem­sen woll­te. Ich war doch ganz lo­cker un­ter­wegs! Zwar hat­te ich mir nach den ers­ten vier Ki­lo­me­tern wohl schon ei­nen Vor­sprung von ca 300 Me­tern er­lau­fen, nach­dem ich nach 500 Me­tern an die Spit­ze ge­gan­gen war, aber ich habe ein­fach nur mei­nen Rhyth­mus ge­sucht. Nach hin­ten habe ich mich gar nicht um­ge­schaut. Wenn ich ei­nen Wett­kampf in An­griff neh­me, dann bin ich nie­mand, der bum­melt. Ich muss mich ja schon im Trai­ning zu­rück­hal­ten. Zu­min­dest habe ich ge­lernt, dass es kei­nen Sinn macht, im Trai­ning zu glän­zen und neue Re­kor­de auf­zu­stel­len. Nach der zwei­ten Run­de schau­te mir mein Trai­ner er­neut ver­wun­dert ent­ge­gen. Ich wuss­te nicht wie ich das deu­ten soll­te. Ich wuss­te, dass ich nicht vor­hat­te in der letz­ten Run­de lang­sa­mer zu wer­den. Mei­ne Oma hör­te ich mir am Stre­cken­rand zu­ju­beln, aber im nächs­ten Au­gen­blick war ich schon wie­der zwi­schen den Bir­ken ver­schwun­den. Im letz­ten Jahr lag an der sel­ben Stel­le eine di­cke Schnee­schicht, die das Lau­fen sehr er­schwert hat­te. Die Be­din­gun­gen in die­sem Jahr wa­ren da deut­lich bes­ser. Ja, sie wa­ren mit 8 Grad, Wind­stil­le, be­wölk­tem Him­mel und ohne Nie­der­schlag na­he­zu op­ti­mal. An die Wur­zeln muss­te ich mich et­was ge­wöh­nen. Aber die­se ge­wis­se Span­nung, auf den Weg ach­ten zu müs­sen, emp­fand als net­te Ab­wechs­lung. Nach ei­ni­gen Ha­ken, be­dingt durch die Über­hol­ma­nö­ver der et­was ru­hi­ger lau­fen­den Sport­ver­rück­ten, lag auch schon die letz­te Kur­ve vor mir. Mein Trai­ner rief mir zu: “30:05!” Die letz­ten Me­ter bis ins Ziel setz­te ich noch­mal zu ei­nem klei­nen End­spurt an. Die Zeit­nah­me hör­te ich ru­fen: “30:49!”

Die­se Zeit re­gis­trier­te ich aber nur am Ran­de. Zu­nächst dach­te ich an mei­ne Oma. Ich ging zu ihr. Sie schau­te mich sor­gen­voll an: “War­um hast Du schon auf­ge­hört? Die an­de­ren Lau­fen doch noch! Geht es Dir nicht gut?” 30:49 — 30 Mi­nu­ten und 49 Se­kun­den. Eine Zeit, mit der ich nie ge­rech­net hät­te. Ich hat­te ein­fach eine Men­ge Spaß ge­habt und die Zeit statt da­bei nicht im Vor­der­grund. Ich er­klär­te ihr, dass ich schon fer­tig sei und das Ren­nen ge­won­nen habe. “Aber die an­de­ren lau­fen doch noch? Wo ist denn der Zweit­plat­zier­te?” So ver­ging eine Wei­le, bis ich ihr ver­si­chern konn­te, dass al­les in Ord­nung sei und ich heu­te be­son­ders schnell un­ter­wegs ge­we­sen war — we­gen ihr! Nicht ver­schwei­gen möch­te ich, dass auch mei­ne Freun­din im Ren­nen war. Manch ei­ner sprach so­gar von un­er­laub­ten Do­ping. Ich hof­fe nun, dass ich kei­ne Grund­satz­dis­kus­si­on an­ge­sto­ßen habe, ob ein Aus­tau­schen von Küs­sen wäh­rend des lau­fen­den Wett­be­werbs zwi­schen zwei Teil­neh­mern zur Dis­qua­li­fi­ka­ti­on füh­ren kön­ne. Die­ser As­pekt wird aber wohl theo­re­ti­scher Art blei­ben, da die Stre­cke wohl ge­nau ver­mes­sen ist, aber kein gül­ti­ges Pro­to­koll vom Deut­schen Leicht­ath­le­tik-Ver­band be­sitzt und so­mit mei­ne Leis­tung kei­nen Ein­gang in die ge­führ­ten Bes­ten­lis­ten fin­den wird. Viel wich­ti­ger ist für mich aber, dass die Freu­de bleibt und mir kei­ner neh­men kann. Ich bin mir si­cher, dass ich die­se Zeit die­ses Jahr auch noch be­stä­ti­gen wer­de. Wenn mei­ne Oma mit da­bei sein wird, ma­che ich mir da über­haupt kei­ne Sor­gen!

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