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Niels Bubel wird bei seiner Premiere über 50 Kilometer Deutscher Meister

Im Bun­des­leis­tungs­zen­trum Kien­baum fiel der Start­schuss zur Deut­schen Meis­ter­schaft über 50 Ki­lo­me­ter. Für mich war das eine be­son­de­re Pre­mie­re, da ich noch nie so­weit am Stück zu Fuß ohne Pau­se un­ter­wegs war. Ich sah es als Aben­teu­er. Ich wuss­te nicht, was jen­seits der Ma­ra­thon­di­stanz auf mich zu­kom­men soll­te. Ich hat­te je­doch ge­nü­gend Selbst­ver­trau­en, dass ich mir si­cher war, die­se un­glaub­li­che Di­stanz zu schaf­fen und nicht im lo­cke­ren Jog­ging-Tem­po, son­dern mit rund 16 Kilometer/Stunde bzw. 3:40 Mi­nu­ten pro Ki­lo­me­ter.

Ein klei­ner Zeit­sprung zu­rück in die Ver­gan­gen­heit: Vor sie­ben Jah­ren im Ja­nu­ar 2007 habe ich nach ei­ner klei­nen Schnup­per­pha­se mit re­gel­mä­ßi­gem Lauf­trai­ning im Ver­ein be­gon­nen. Da­mals konn­te ich das an­vi­sier­te Tem­po für mei­ne jet­zi­ge 50-Ki­lo­me­ter-Pre­mie­re ein hal­bes Läuferle­ben spä­ter nicht viel län­ger als ei­nen Ki­lo­me­ter durch­hal­ten. Der Grund für mei­ne Mo­ti­va­ti­on mit am­bi­tio­nier­ten Trai­ning zu be­gin­nen war ein Ma­ra­thon-Du­ell mit mei­nem Va­ter, das ich ohne Trai­ning in 3:48 Stun­den im Al­ter von 18 Jah­ren für mich ent­schei­den konn­te. Ich woll­te her­aus­fin­den wie schnell ich mit Trai­ning sein wür­de. Schnell merk­te ich, dass mir die in mei­nem Ver­ständ­nis sehr kur­zen Mit­tel­stre­cken und das da­zu­ge­hö­ri­ge Tem­po­trai­ning nicht la­gen. Mein Vor­bild war der schnells­te Ber­li­ner Lang­stre­cken­läu­fer: Lenn­art Spo­nar. Er trai­nier­te im sel­ben Ver­ein, was kein Zu­fall war. Sein Trai­ner Volk­mar Scholz bot mir an sei­ne Trai­nings­grup­pe zu den Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Meis­ter­schaf­ten über 10 Ki­lo­me­ter zu be­glei­ten. Ich war to­tal be­geis­tert. An die­sem Tag in Lu­cken­wal­de lief ich 36 Mi­nu­ten und 23 Se­kun­den. Schon drei Mo­na­te spä­ter konn­te ich mir ei­nen wei­te­ren Traum ver­wirk­li­chen. Ge­mein­sam mit Lenn­art und Volk­mar durf­te ich zu mei­nen ers­ten Deut­schen Meis­ter­schaf­ten fah­ren. In Mann­heim kämpf­te ich wie um mein Le­ben, denn ich woll­te für un­se­re Mann­schafft mit Lenn­art und Vol­ker Goi­ne­au al­les ge­ben. Ich er­reich­te mein Ziel in 34:51 und be­leg­te Rang 50 in der Ju­nio­ren-Wer­tung. Da­mit war ich ei­ner der Letz­ten. Mit der Mann­schaft be­leg­ten wir Rang 9. Das mach­te mir Mut. Ich woll­te so schnell wie Lenn­art wer­den.

Seit­dem ist viel Zeit ver­gan­gen. Ich habe flei­ßig trai­niert und mich von Rück­schlä­gen nicht auf­hal­ten las­sen. In Kien­baum woll­te ich mei­nen nächs­ten Traum ver­wirk­li­chen, eine Me­dail­le bei Deut­schen Meis­ter­schaf­ten er­lau­fen. Mit mei­nem Trai­ner, sei­ner Fa­mi­lie und mei­ner Freun­din hat­te ich ein tol­les Team hin­ter mir ste­hen, auf das ich mich zu 100% ver­las­sen kann. Noch vor dem Klin­geln des We­ckers war ich hell wach und konn­te den Start kaum ab­war­ten. Statt mich ein­zu­lau­fen, ent­schied ich mich für ei­nen Spa­zier­gang, um den Kreis­lauf in Schwung zu brin­gen.

Dann pünkt­lich um 9 Uhr fiel der Start­schuss. Es war an­ge­nehm kühl. Es weh­te kein Lüft­chen und dich­ter Ne­bel ließ die Son­ne noch ver­schwin­den. Auf der ers­ten Run­de ori­en­tier­te ich mich an der er­fah­re­nen Kon­kur­renz, um nicht zu schnell zu be­gin­nen. Ich tausch­te mich ein we­nig mit Uwe La­en­ger (1. FC Uni­on Ber­lin) und Adam Zah­oran (LG Würz­burg) aus. Adam gab das Tem­po vor, dem ich mich ger­ne an­schloss. In ge­rin­gem Ab­stand be­en­de­ten wir die ers­te von 10 Run­den. Zum ers­ten Mal tank­te ich ein we­nig Flüs­sig­keit, um den Kör­per auch bei zu­neh­men­der Be­las­tung an die Auf­nah­me der Res­sour­cen zu ge­wöh­nen. Da wir kurz vor Ki­lo­me­ter sie­ben et­was lang­sa­mer wur­den, ent­schied ich mich kur­ze Zeit spä­ter dazu, mei­nen ei­ge­nen Rhyth­mus zu fin­den. Ich er­höh­te das Tem­po lang­sam. Mein Trai­ner hat­te für mich eine Zeit von un­ter 3 Stun­den und 5 Mi­nu­ten an­vi­siert. Je­doch woll­te ich auf Num­mer si­cher ge­hen. Wie viel wäre ein zwi­schen­zeit­li­cher Vor­sprung wert, wenn ich auf den letz­ten Me­tern ein­bre­chen wür­de? So mach­te ich mir es zur Auf­ga­be, die Run­den­zei­ten nur um je­weils ein paar Se­kun­den zu stei­gern. Mit 19:05, 18:22, 18:17, 18:08, 18:03, 17:55, 17:57, 17:53 ge­lang mir das bis Ki­lo­me­ter 40 auf den ers­ten acht Run­den auch na­he­zu per­fekt. Erst dann muss­te ich deut­lich mehr Kon­zen­tra­ti­on für je­den Schritt auf­wen­den. Nach der Ma­ra­thon­mar­ke be­trat ich Neu­land. Mit rund 6 Mi­nu­ten Vor­sprung zu die­sem Zeit­punkt auf Adam, hat­te ich nur ein Ziel vor Au­gen: die Gold­me­dail­le. Der schnells­te Deut­sche, Deut­scher Meis­ter auf ei­ner ech­ten Lang­stre­cke sein. Ich hat­te gro­ßen Re­spekt vor den letz­ten 8 Ki­lo­me­tern und re­du­zier­te leicht das Tem­po auf Zu­ruf von mei­nem Trai­ner. Ich woll­te auch nicht über­dre­hen und mich zu früh von mei­nen Emo­tio­nen zu ei­nem End­spurt ver­lei­ten las­sen, denn ein Ab­schluss mit Krampf soll­te es nicht wer­den, zu­mal noch wei­te­re Wett­kämp­fe in die­sem Jahr an­ste­hen. Die neun­te Run­de ab­sol­vier­te ich in 18:34 Mi­nu­ten. Ich ge­noss die Wor­te mei­nes Trai­ners: “Das ist die letz­te Run­de. Du kannst jetzt ma­chen, was Du willst.” Nun fiel der ge­sam­te Druck von mir ab, den ich mir selbst auf­er­legt hat­te. Auf der letz­ten Run­de ka­men mir dann Ge­dan­ken, Bil­der und tief­ge­hen­de Emo­tio­nen ins Be­wusst­sein, wie ich als Kind durch die Dü­nen auf der In­sel Bal­trum tob­te. Wie ich beim In­sel­lauf den Er­wach­se­nen da­von ge­rannt bin. Und wie ich vor sie­ben Jah­ren be­schloss, ein Läu­fer zu wer­den.

Nun ist aus mir ein klei­ner Ul­tra­ma­ra­thon­läu­fer ge­wor­den. Die letz­ten Me­ter wa­ren ein­zig­ar­tig und ein­fach un­be­schreib­lich. Ich war und bin im­mer noch to­tal über­wäl­tigt seit­dem ich mei­ne Pre­mie­re über 50 Ki­lo­me­ter er­folg­reich als Sie­ger in 3 Stun­den 4 Mi­nu­ten und 12 Se­kun­den be­en­den konn­te. So schnell war in Kien­baum noch nie je­mand ge­we­sen. Das Aben­teu­er war in al­len Punk­ten ein tol­ler Er­folg. Mein Team vom Ver­ein Die Lauf­part­ner mit mei­nem Trai­ner, vom be­freun­de­ten Ver­ein LTC Ber­lin und mit mei­ner Freun­din war ein­fach fan­tas­tisch. Die Sie­ger­eh­rung war ne­ben mei­nem Ziel­ein­lauf der Hö­he­punkt des Ta­ges. Ich habe mich im Krei­se der Ul­tra­ma­ra­tho­nis und der Deut­schen Ul­tra­ma­ra­thon-Ver­ei­ni­gung (DUV) sehr wohl ge­fühlt und freue mich nicht nur sehr dar­über, dass ich neue Kon­tak­te knüp­fen konn­te, son­dern auch, dass für die Zu­kunft be­reits neue Per­spek­ti­ven, Zie­le und Träu­men am Ent­ste­hen sind. Ich dan­ke je­dem ein­zel­nen für sei­ne Un­ter­stüt­zung auf mei­nem Weg, freue mich ge­mein­sam mit euch auf neue Aben­teu­er und bin ge­spannt, wel­che Träu­me ich mir in den nächs­ten sie­ben Jah­ren er­fül­len wer­de.

Er­geb­nis­lis­te
Fo­tos
Ar­ti­kel in der Ber­li­ner Wo­che
News der Deut­schen Ul­tra­ma­ra­thon Ver­ei­ni­gung
Re­por­ta­ge auf Laufreport.de