Diese Momente machen für mich das Leben so lebenswert. Momente, in denen ich Gänsehaut bekomme. Beim 1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselauf überkam es mich — nicht nur einmal. Überhaupt war es ein sehr bewegender Tag. Über 10 Monate lang stand ich mit dem Triathleten Marco Henrichs, der wie ich ein Erdinger Alkoholfrei-Athlet ist, im Austausch zu diesem Event. Bereits im letzten August lud er mich im Namen des Veranstaltungsteams zu der Premiere des von ihm zum Leben erweckten Spendenlaufes zu Gunsten von Menschen mit Mukoviszidose ein. Schon seit einigen Jahren ist er als Mukovidose-Engel unterwegs. In seiner besonderen Funktion als Botschafter habe ich Marco vor fast zwei Jahren beim Marathon in Siegen kennen gelernt. Dort hat er mich angesteckt und inspiriert, das sportliche Streben nach Bestleistungen mit dem sozialen Aspekt zu verbinden. Was bei uns viel zu selten in Verbindung verbracht wird, ist in anderen Ländern — allen voran in Groß Britanien — eine Selbstverständlichkeit. Den 1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselauf sollte ich deshalb nicht nur mit meiner Teilnahme als Läufer, sondern auch mit der Organisation der Zeitmessung und der Startnummern unterstützen. Mir hat es große Freude bereitet auf den Tag hinzufiebern und gemeinsam mit dem Team um Marco den Lauf vorzubereiten.
Was ist Mukoviszidose? Mukoviszidose ist die Bezeichnung für eine vererbbare Stoffwechselkrankheit, die verschiedene Einschränkungen zur Folge hat. “Mucus” steht für Schleim, “viscidus” für zäh. Die Krankheit geht auf einen Gendefekt zurück und ist bis heute nicht heilbar. Noch vor nicht allzu langer Zeit lag die Lebenserwartung bei unter 10 Jahren. Durch spezielle Therapiemöglichkeiten steigt die Lebensdauer immer weiter an. Man nimmt an, dass heutige Neugeborene im Schnitt 40 — 50 Jahre alt werden. Verschiedene Organe können nicht ihre normale Funktion ausüben, so dass die Erkrankten mit großen Erschwernissen zu kämpfen haben. Besonders die Lunge ist von dem zähflüssigen Schleim betroffen. Sie muss mit Inhalieren jeden Tag davon befreit werden. Lungenentzündungen werden mit Antibiotika bekämpft. Bei jedem Betroffenen ist die Schwere dieser Symptome verschieden. Oft kommt es auch zu Verdauungsstörungen und die meisten Männer sind von einer Unfruchtbarkeit betroffen. Ihr werdet verstehen, dass sich die Forschung zur Verbesserung der Therapiemöglichkeiten für die Verbesserung der Lebensbedingungen bis hin zur Heilbarkeit der Krankheit überaus lohnenswert ist. Dafür lohnt es sich zu kämpfen und deshalb ist der 1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselauf das richtige Zeichen.
Sport ist die beste Medizin — das gilt insbesondere auch für Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind. Das gilt aber genauso für jeden Menschen auf dieser Erde. Er erzeugt positive Emotionen, heilt damit Wunden und er wenn man sich zu einer Gemeinschaft zusammen findet, dann bringt er Menschen zusammen, die sich gegenseitig motivieren, gegenseitig verstehen und gemeinsam mehr bewegen können.
So war der 1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselauf ein toller Erfolg. Marco Henrichs hat es geschafft, viele Menschen, die sich für andere einsetzen möchten, zusammen zu bringen. Der Tag begann mit einem großen Frühstück. Das Malerwinkel-Hotel, in dem ich übernachten durfte, war dazu der perfekte Ort. Die Gastgeber zählen neben dem Mediterana und anderen lokalen Unternehmen ebenfalls zu den Säulen des Spendenlaufes. Marco stellte Sportler und Unterstützer einander vor. Es war ein Auftakt, eine besondere Einstimmung. Ich hatte genug Zeit mich mit Sonja Mosler, die eine großartige 800-Meter Läuferin ist, Helmut Hanus von der Firma Roeckel Sports und einer Vertreterin des Mukoviszidose-Vereins auszutauschen. Ich war beeindruckt von den verschiedenen Persönlichkeiten und ihren Lebenswegen. Marco hatte neben bekannten Sportlern aus der Region vor allem auch Läuferinnen und Läufer eingeladen, die sich für soziale Projekte stark machen. Einer der besonderen Ehrengäste war Sebastian Koch, der selbst an Mukoviszidose erkrankt ist und sich als Ziel gesetzt hat, den Köln Marathon im Herbst in Gedenken an seine verstorbene Schwester erfolgreich zu finishen. Marco unterstützt ihn dabei beim Training, bei Vorbereitungswettkämpfen und beim Marathon selbst. Gemeinsam bilden sie ein starkes Team.
Der erste Startschuss zum 1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselauf fiel um 16:45 Uhr im Naturschutzgebiet Saaler Mühler. Die Bambini- und Schülermeile absolvierten rund 100 Kinder, die von allen Zuschauern mit Applaus ins Ziel getragen wurden. Karsten Migels, der als Eurosport-Kommentator bei Radrennen bekannt wurde, fand den ganzen Nachmittag immer die passenden Worte, um gekonnt durch die Veranstaltung zu führen. Ich war währenddessen fleißig dabei, die Nachmeldungen in dem Zeitmesssystem zu erfassen. Um 17:15 Uhr wurde nach einem kleinen Regenschauer der 5km-Lauf auf den Weg geschickt. Fast 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen motiviert auf die Strecke. Nun war es für mich soweit. Ich machte mich warm für meinen Höhepunkt des Tages. Nach einem kleinen Interview mit Karsten Migels stellten sich alle an der Startlinie bereit. Die Olympiasiegerin im Hochsprung Ulrike Nasse-Meyfahrt gab den Startschuss. Ich freute mich tierisch auf das Rennen und ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper. Ich hatte Marco bereits angekündigt, dass ich vor hatte mich anzustrengen, um eine schnelle Zeit zu laufen. Von Hendrik Pfeiffer vom TV Wattenscheid 01, der zuletzt für die Leichtathletik-Nationalmannschaft Deutschland beim Europacup über 10.000 Meter vertreten hat und deutlich unter 30 Minuten laufen kann, wusste ich, dass er eher ruhiger laufen wollte. Da aber auch Dominik Fabianowski vom ASV Köln mit dabei war, hoffte ich auf ein spannendes Duell mit ihm. Ich ging etwas verhalten an doch schnell war klar, dass an diesem Tag nur Dominik mein Tempo aufnehmen wollte. Auf der ersten Einführungsrunde um den Bensberger See waren wir gleich auf. Marco feuerte uns kräftig an als wir in die erste große Runde gingen. Dazu kamen viele Anfeuerungsrufe von den zahlreichen Zuschauern. Das sorgte für Gänsehautfeeling. Dies gab mir eine Extra-Portion Energie, die ich in Geschwindigkeit umsetzen konnte. Dominik folgte mir zwar noch, aber nicht lange. Nach 3 Kilometern war ich bereits alleine unterwegs. Ich war mir nicht sicher wie schnell ich war und wollte es auch gar nicht so genau wissen. Die Zeit stand für mich an diesem Tag klar im Hintergrund. Ich wollte einfach nur Spaß haben und den Lauf genießen. Nun waren es noch sechs Kilometer. Der Start- und Zielbereich jubelte und das machte einfach Laune. Ich fühlte mich gut und “spielte” ein wenig mit der Strecke. Ich konnte mich richtig in die Kurven legen. Bei dem leichten Gefälle nach Refrath konnte ich es einfach rollen lassen, und auf dem Weg zurück den leicht welligen Weg nutzen, um die Beine zum Brennen zu bringen, aber so, dass es eben keine Qual war. Nun musste ich auch die ersten Läuferinnen und Läufer überunden. Auch das brachte Abwechslung. Wir hatten alle dasselbe Ziel. Für die einen waren die 10 Kilometer eine große Herausforderung. Mir fiel es an der Spitze relativ leicht. Ich versuchte den einen oder anderen Läufer Mut zu machen. Zurück an der Start- und Ziellinie machten die Zuschauer und Karsten am Mikrofon wieder richtig Stimmung. Marco schickte mich mit einem High-Five-Handschlag auf die letzte Runde. Ich musste an den Tag denken, als ich ihn kennen gelernt habe. Gemeinsam waren wir beim Siegener Marathon im Sommer 2012 an den Start gegangen. Burkhard Farnschläder, der dortige Organisator, hatte mich dazu bewegt, dort als Marathon-Test die 30 Kilometer lange Strecke an der Sieg zu laufen. Dort habe ich zum ersten Mal von der Krankheit Mukoviszidose gehört. Burkhard ist selbst von Mukoviszidose betroffen. Auch für ihn ist Sport die beste Medizin. Seine ungemeine Lebensfreude hat mich beeindruckt. Nun sah ich ihn selbst vor mir laufen. Für mich waren es nur noch 500 Meter bis ins Ziel. Auch in dieser Situation empfing er mich mit einem Lächeln und schickte mich auf die letzten Meter. Nach zwei scharfen Kurven kam ich auf die Zielgeraden. An der Bande streckten mir viele Kinder und Jugendliche ihre Hände zum Abklatschen entgegen. Ein weiterer Gänsehaut-Moment. Ich konnte einfach nicht so vorbeilaufen. Ich freute mich über ihre Geste und erwiderte diese zum Dank. Es waren sehr bewegende Momente.
Marco und die anderen, die im Ziel auf meinen Einlauf warteten, waren erstaunt wie schnell ich war. Eine Zeit von 32:12 Minuten wurde gestoppt, jedoch ist die gesamte Strecke wohl 300 bis 400 Meter länger als die glatte 10 Kilometerdistanz. So oder so war es für mich ein unglaublich toller Lauf. Knapp 2 Minuten nach mir kam Dominik ins Ziel. Auf Platz drei folgte ihm der Triathlet Fabian Rahn. Schnellste Frau war Sonja Mosler, die mit einem sehr eleganten Laufstil den Lauf für sich als Mittelstrecklerin zum langen Tempotraining nahm. Ich freute mich über die vielen glücklichen Gesichter, die das Ziel erreichten. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Schirmherren Landrat Dr. Herman-Josef Tebroke, dem ich von meinen besonderen Eindrücken während der Veranstaltung berichtete, kümmerte ich mich wieder um die Auswertung des Laufes. Die Ergebnislisten und die Urkunden für die Siegerehrung wurden gedruckt. Die große Bühne bot eine tolle Kulisse für die abschließende Ehrung. Als Sieger wurde ich mit einem Pokal und standesgemäß mit einem riesen Erdinger Alkoholfrei-Glas bedacht. Anschließend folgt das nächste Highlight. Die Band Cat Ballou aus der Kölner Region krönte den Tag mit einem Live-Konzert, das ein weiteres Mal Gänsehaut bei mir erzeugte. An diesem Abend ging ich mit so vielen tollen Emotionen ins Bett wie lange nicht mehr. Dafür möchte ich allen danken, die einen Anteil am Gelingen des 1. Mukoviszidoselaufes hatten. Aus meiner Sicht war der Lauf ein toller Erfolg und ich würde mich freuen, wenn es eine Fortsetzung geben wird.
Ergebnisse
1. Bergisch Gladbacher Mukoviszidoselaufes
Infos zur Mukoviszidosekrankheit