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Trainingslager im Riesengebirge
“Das war bu­be­li­cious!!!” So kre­ierte ich ganz spon­tan ein neu­es Wort. Es soll­te mei­ner un­ver­gleich­li­chen Le­bens­freu­de Aus­druck ver­lei­hen, die ich an die­sem Tag auf mei­nen Lang­lauf­ski­ern emp­fand. Nach­dem sich das Wet­ter im Rie­sen­ge­bir­ge an­fäng­lich nicht ge­ra­de von sei­ner bes­ten Sei­te prä­sen­tiert hat­te und die tief hän­gen­den Wol­ken nur eine Sicht von 100 Me­tern er­laub­ten, än­der­te sich die Wet­ter­la­ge mit zu­neh­men­den Kalt­luft­nach­schub aus dem Os­ten spür­bar. Das brach­te mei­ne Emo­tio­nen zum Über­schäu­men.

Nach drei Jah­ren bin ich zur Wie­ge mei­ner Ski­lang­lauf­küns­te zu­rück­ge­kehrt. Da­mals hat­te ich zu­sam­men mit dem Cross­team­Ber­lin die Wäl­der rund um Ja­kus­zy­ce un­si­cher ge­macht. Be­son­ders in Er­in­ne­rung sind mir eine Tour de Ski der be­son­de­ren Art ge­blie­ben. Dar­an woll­te ich nun an­knüp­fen und bin dem tris­ten Grau der Haupt­stadt ent­flo­hen. Die Rei­se führ­te mich in den be­lieb­ten pol­ni­schen Win­ter­sport­ort Szklars­ka Porę­ba. Dort fiel die Wahl auf ein uri­ges Ho­tel am Wald­rand. So ge­lang es mir, die vor­weih­nacht­li­che Hek­tik hin­ter mir zu las­sen und mein sport­li­ches Ver­ständ­nis ei­ner be­sinn­li­chen Weih­nachts­zeit zu ver­wirk­li­chen. Die Mög­lich­kei­ten wa­ren per­fekt. Je­der, der mich kennt, weiß, wie sehr ich gu­tes und reich­hal­ti­ges Es­sen schät­ze. Ohne dem wä­ren die Aus­dau­er­leis­tun­gen für mich nicht vor­stell­bar. Wo im­mer ich auch bin. Der Es­sens­vor­rat ist für (fast) je­den denk­ba­ren Not­fall aus­ge­legt. Dies­mal brauch­te ich aber von mei­nen Re­ser­ven kei­nen Ge­brauch ma­chen. Das Es­sen im Ho­tel war ein­fach welt­klas­se. Das Früh­stück bot die Grund­la­ge für den Tag. Mit­tags wur­de ein rus­ti­ka­les Drei-Gän­ge-Menü auf­ge­fah­ren, wo­bei es an le­cke­rem Fleisch und Kar­tof­feln in al­len Va­ria­tio­nen nie man­gel­te. Zum Abend­essen gab es ne­ben Bro­ten im­mer die ku­li­na­ri­sche Über­ra­schung des Ta­ges. Mein High­light: pol­ni­sche Pie­ro­gi — Maul­ta­schen ge­füllt mit ei­ner Kar­tof­fel­zu­be­rei­tung. Die­se aus­ge­zeich­ne­te Ver­pfle­gung si­cher­te das Über­le­ben und ich konn­te mich zu 100% auf das Trai­ning kon­zen­trie­ren. So­bald ich die Ski­er an den Fü­ßen hat­te, gab es kein Hal­ten mehr. Da mir die To­po­gra­phie noch bes­tens be­kannt war, konn­te ich ohne Kar­te und ohne War­te­zeit an Weg­wei­sern los­zie­hen. Schon nach der ers­ten Kur­ve und nach dem ers­ten An­stieg war klar, dass ich die­se Land­schaft so­fort wie­der in mein Herz ge­schlos­sen hat­te. Am höchs­ten Punkt der Hoch­ebe­ne war ich für mich al­lei­ne und konn­te die mys­ti­sche Stil­le zwi­schen den ho­hen — im Schnee ver­sun­ke­nen — Tan­nen ge­nie­ßen: Ent­span­nung pur. In sol­chen Mo­men­ten fällt je­der All­tags­stress von mir ab und ich gehe von Fuß bis Kopf in der sport­li­chen Ak­ti­vi­tät auf. Spä­tes­tens am drit­ten Tag hat­te ich die klas­si­sche Tech­nik wie­der ver­in­ner­licht und konn­te mich auf Ab­fahr­ten auch si­cher durch die Kur­ven brin­gen. Nur et­was woll­te noch mei­ne vol­le Ge­duld for­dern: die Son­ne. Nur eben sie kann die Win­ter­land­schaft zum Glit­zern brin­gen. Ich woll­te die Hoff­nung schon fast auf­ge­ben. Doch an den letz­ten bei­den Ta­gen än­der­te sich das Wet­ter dank Hoch­druck­ein­fluss aus dem Os­ten. Erst zö­ger­lich, dann mit vol­ler Kraft bahn­ten sich die Son­nen­strah­len ih­ren Weg. Der Him­mel zeig­te sich in tie­fen Blau­tö­nen. Ich konn­te es kaum fas­sen, was für ei­nen Un­ter­schied das aus­mach­te. Die­ses Na­tur­schau­spiel weck­te in mir ver­bor­ge­ne Emo­tio­nen und ich glitt ganz fe­der­leicht durch die strah­len­de Welt der Schnee­kris­tal­le. Da­von konn­te ich ein­ach nicht ge­nug be­kom­men. Nur ei­nes konn­te mich in die­sem Au­gen­blick dazu brin­gen, dass Trai­ning zu be­en­den: mein Hun­ger.

Nach die­sem tol­len Ab­schluss fehl­ten mir die Wor­te, um das Er­leb­te zu­sam­men mit mei­ner Flut an Emo­tio­nen zu be­schrei­ben. Erst beim Es­sen kam mir dann der Ge­dan­ke: “Das war bu­be­li­cious!!!”
Vor der Ab­rei­se re­ser­vier­te ich ein Zim­mer für den nächs­ten Auf­ent­halt noch in die­sem Win­ter.

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