Loading Content . . .

Es ist der Schat­ten­wurf ei­nes Eich­hörn­chens, der mich hoch­schre­cken lässt. Die kräf­ti­gen Son­nen­strah­len wer­den vom Fens­ter der ge­gen­über­lie­gen­den Häu­ser­wand durch den In­nen­hof re­flek­tiert. Dort steht ein Baum auf dem das be­sag­te Eich­hörn­chen, wie schon je­den Tag in die­ser Wo­che, sei­ne Früh­gym­nas­tik voll­führt. Da­ge­gen habe ich ja nichts. Aber es führt ir­gend­was im Schil­de. Es sieht so aus wie Scrat aus den Ice Age Fil­men und ich ma­che es für die ak­tu­el­le Eis­zeit ver­ant­wort­lich. Es hat ga­ran­tiert ir­gend­wo eine Ei­chel so ver­gra­ben, dass der Ab­fluss für die kal­te Po­lar­luft ver­stopft ist. Aber dar­um kann ich mich jetzt nicht küm­mern. Das Bir­ken­wäld­chen­lauf im Süd­os­ten von Ber­lin soll heu­te eine klei­ne Tem­po­ein­heit wer­den. Das Ther­mo­me­ter zeigt -9 Grad an. Ich wer­de also ei­ni­ge Schich­ten an­zie­hen müs­sen. Ich freue mich, die neue Ver­eins­be­klei­dung von new­li­ne mit mei­nen Spon­so­ren auf der Brust ein­wei­hen zu kön­nen.

Drei Stun­den spä­ter und ca 20 Ki­lo­me­ter ent­fernt ste­he ich an der Start­li­nie zum 10km — Lauf. Die Wald­we­ge zwi­schen den Bir­ken sind von ei­ner di­cken Schnee­schicht be­deckt. Min­des­tens 20 Zen­ti­me­ter Neu­schnee wäh­rend der Wo­che wur­den fest­ge­tram­pelt. Per­fekt ge­eig­net zum Schlitt­schuh­lau­fen. Doch wer läuft hier frei­wil­lig und ris­kiert wohl mög­lich noch ei­nen Sturz? So ei­ni­ge Lauf­ver­rück­te ha­ben sich zu­sam­men­ge­fun­den und ich ge­hö­re dazu. Heu­te ist nicht un­be­dingt der­je­ni­ge der Sie­ger, der die schnells­ten Bei­ne hat, son­dern der­je­ni­ge, der mit dem Un­ter­grund am bes­ten zu­recht kommt. Ehe ich mir wei­te­re Ge­dan­ken ma­che, fällt der Start­schuss und alle stür­men los. Die ers­ten Me­ter bin ich da­mit be­schäf­tigt, mich auf dem Schnee über­haupt hal­ten zu kön­nen und Fahrt auf­zu­neh­men. Kei­ne Be­din­gun­gen, um Best­zei­ten an­zu­grei­fen. Ich hän­ge mich an Ger­rit We­ge­ner. Mal schau­en, was er so für ein Tem­po an­schlägt! Au­ßer­dem ken­ne ich die Stre­cken­füh­rung nicht. Nach 1000 Me­tern zie­he ich ne­ben ihn und be­schleu­ni­ge noch ein we­nig wei­ter. Wird er sich bei mir rein­hän­gen? Ich steue­re durch die nächs­ten Kur­ven. Ein paar Me­ter habe ich Vor­sprung. Jetzt ist es zu spät um nach­zu­las­sen. Ich ma­che ein­fach mein Ding. In der ers­ten der drei Run­den kann ich den Speed noch ganz gut hal­ten. Die An­feue­rungs­ru­fe ge­ben zwar ge­nug Mo­ti­va­ti­on wei­ter Gas zu ge­ben, aber ab der zwei­ten Run­de wird es auf dem auf­ge­wühl­ten Bo­den zu­se­hends im­mer schwam­mi­ger. Der Ab­druck fehlt und ich muss mehr Kraft in je­den Schritt ste­cken. Der Ab­stand auf mei­nen Ver­fol­ger wächst. Ich den­ke an das Eich­hörn­chen. “Hast Du echt toll hin­be­kom­men! Die­se Eis­zeit kann doch wirk­lich kei­ner ge­brau­chen. Wie soll man das den Kin­dern er­klä­ren? Os­ter­ei­er su­chen und Schnee­mann bau­en passt doch wirk­lich nicht zu­sam­men.” Ok. Ir­gend­wie macht das ja auch Spaß. Zum Glück scheint die Son­ne. Die drit­te Run­de ver­geht er­staun­lich schnell vor­bei. Ich muss mir zwar den Weg durch die zu Über­run­den­den bah­nen, aber das sorgt auch für Ab­wechs­lung. Als ich nach 33 Mi­nu­ten und 4 Se­kun­den das Ziel er­rei­che, ist noch Ben­zin im Tank. Trotz­dem war es ein or­dent­li­cher Lauf bei den Ver­hält­nis­sen. Ich freue mich, dass ich den Lauf ge­win­nen konn­te und al­les gut über­stan­den habe. Lei­der gibt es im An­schluss kei­ne Du­sche, da­für aber eine schnel­le Sie­ger­eh­rung. Ins­ge­samt eine gute Or­ga­ni­sa­ti­on mit ei­ner ex­akt ver­mes­se­nen Stre­cke.

Zu Hau­se Fra­ge ich mich, was das Eich­hörn­chen wohl noch so al­les an die­sem Tag an­ge­stellt hat. Ich hof­fe, kei­nen Un­sinn. Die nächs­ten Tage soll laut Wet­ter­be­richt der Tief­kühl­schrank noch an­ge­schal­tet blei­ben. Die Chan­cen, dass an den Os­ter­fei­er­ta­gen noch Schnee liegt, sind dem­nach sehr rea­lis­tisch. Da hilft nur eins: Aus­wan­dern. Und ge­nau das wer­de ich am Don­ners­tag auch tun. So wie Sid, Man­ni und Co vor der Eis­zeit ge­flüch­tet sind, so wer­de ich am Don­ners­tag auch vor der ak­tu­el­len Eis­zeit da­von­lau­fen und al­les dar­an set­zen, die Wär­me zu­rück nach Ber­lin zu ho­len.