Drei Stunden später und ca 20 Kilometer entfernt stehe ich an der Startlinie zum 10km — Lauf. Die Waldwege zwischen den Birken sind von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Mindestens 20 Zentimeter Neuschnee während der Woche wurden festgetrampelt. Perfekt geeignet zum Schlittschuhlaufen. Doch wer läuft hier freiwillig und riskiert wohl möglich noch einen Sturz? So einige Laufverrückte haben sich zusammengefunden und ich gehöre dazu. Heute ist nicht unbedingt derjenige der Sieger, der die schnellsten Beine hat, sondern derjenige, der mit dem Untergrund am besten zurecht kommt. Ehe ich mir weitere Gedanken mache, fällt der Startschuss und alle stürmen los. Die ersten Meter bin ich damit beschäftigt, mich auf dem Schnee überhaupt halten zu können und Fahrt aufzunehmen. Keine Bedingungen, um Bestzeiten anzugreifen. Ich hänge mich an Gerrit Wegener. Mal schauen, was er so für ein Tempo anschlägt! Außerdem kenne ich die Streckenführung nicht. Nach 1000 Metern ziehe ich neben ihn und beschleunige noch ein wenig weiter. Wird er sich bei mir reinhängen? Ich steuere durch die nächsten Kurven. Ein paar Meter habe ich Vorsprung. Jetzt ist es zu spät um nachzulassen. Ich mache einfach mein Ding. In der ersten der drei Runden kann ich den Speed noch ganz gut halten. Die Anfeuerungsrufe geben zwar genug Motivation weiter Gas zu geben, aber ab der zweiten Runde wird es auf dem aufgewühlten Boden zusehends immer schwammiger. Der Abdruck fehlt und ich muss mehr Kraft in jeden Schritt stecken. Der Abstand auf meinen Verfolger wächst. Ich denke an das Eichhörnchen. “Hast Du echt toll hinbekommen! Diese Eiszeit kann doch wirklich keiner gebrauchen. Wie soll man das den Kindern erklären? Ostereier suchen und Schneemann bauen passt doch wirklich nicht zusammen.” Ok. Irgendwie macht das ja auch Spaß. Zum Glück scheint die Sonne. Die dritte Runde vergeht erstaunlich schnell vorbei. Ich muss mir zwar den Weg durch die zu Überrundenden bahnen, aber das sorgt auch für Abwechslung. Als ich nach 33 Minuten und 4 Sekunden das Ziel erreiche, ist noch Benzin im Tank. Trotzdem war es ein ordentlicher Lauf bei den Verhältnissen. Ich freue mich, dass ich den Lauf gewinnen konnte und alles gut überstanden habe. Leider gibt es im Anschluss keine Dusche, dafür aber eine schnelle Siegerehrung. Insgesamt eine gute Organisation mit einer exakt vermessenen Strecke.
Zu Hause Frage ich mich, was das Eichhörnchen wohl noch so alles an diesem Tag angestellt hat. Ich hoffe, keinen Unsinn. Die nächsten Tage soll laut Wetterbericht der Tiefkühlschrank noch angeschaltet bleiben. Die Chancen, dass an den Osterfeiertagen noch Schnee liegt, sind demnach sehr realistisch. Da hilft nur eins: Auswandern. Und genau das werde ich am Donnerstag auch tun. So wie Sid, Manni und Co vor der Eiszeit geflüchtet sind, so werde ich am Donnerstag auch vor der aktuellen Eiszeit davonlaufen und alles daran setzen, die Wärme zurück nach Berlin zu holen.