Unter die zahlreichen Hobbyläufer, die ihren Lauf gemütlich angingen, hatten sich einige Triathleten des Berliner Nachwuchs gemischt. Sie machten auf der 5 Kilometer-Runde von Anfang an Druck. Das gefiel mir sehr gut. So konnte ich ein wenig mit schwimmen. Den Großteil der ersten 10 Kilometer lief ich zusammen mit Norman Fenske (TuS Neukölln). Wir wechselten uns mit der Tempoarbeit ab und konnten auf der zweiten Runde den Abstand zum Führenden Jan Manthey (TuS Neukölln) verkürzen. Dieser gewann den 10 Kilometer-Lauf vor Norman. Die Zwischenmarke überquerte ich nach gut 35 Minuten. Für die zweite Hälfte war ich auf mich alleine gestellt. Ich versuchte das Tempo zu halten. Die vielen Läufer hatten den Untergrund in eine Schneewüste verwandelt. Ich fand nur selten festen Halt und somit war das Vorankommen beschwerlich. So musste ich einfach Hinnehmen, dass die Zeit für mich an diesem Tag zweitrangig bleiben sollte. Mit einem Kompromiss aus Lockerheit und Anspannung lief ich dem Ziel entgegen und war froh, dabei die neuen Winter-Scheiben auf meiner X-Kross-Brille zu haben, die mich vor dem Gegenwind am Spreeufer schützten. Nach 1:10:49 Stunden war es dann geschafft.
Für meinen Sieg des Hauptlaufes über 20 Kilometer wurde mir bei der Siegerehrung der Folker-Lorenz-Ehrenpokal überreicht. Als Wanderpokal werden dort alle Sieger eingraviert. Derjenige, der den Lauf dreimal in Folge für sich entscheiden kann, darf ihn für immer behalten.
Aber wer war dieser Folker Lorenz eigentlich?
Folker Lorenz (24.02.1939 — 06.05.2009) war als Radsportler und Läufer sportlich aktiv. Er hatte eine Bestzeit im Marathon von 2:18:45, die er ohne eine Förderung wie andere Spotler aus der Leistungssport-Elite erzielte. Dazu war er Organisator von vielen Laufveranstaltungen.
Wolfgang Weising schrieb 1991 in der Laufzeit über ihn, dass “sein bis heute unverwechselbarer Laufstil wohl wenig von seinem Leistungsvermögen verriet. Wie so oft in dieser Sportart — man erinnere sich an den legendären Emil Zatopek, der alles andere als ein Laufästhet war. Was von Folker anfangs nur als effektivere Alternative zum Radsport gedacht war, notierte ihn bald vorn in den Bestenlisten von damals. ‘Ich wollte fit bleiben, und eine Stunde Laufen schien mir dazu den gleichen Effekt zu haben wie drei Stunden auf dem Rennrad’, erzählt er. Ruhig und zurückhaltend wie immer. Auch als es um seine beachtlichen Bestleistungen geht. ‘Ich war dann beim Laufen von Anfang an vorn’, erwähnt er fast nebenbei. Nach einem Jahr Training zweiter Platz bei der Crossmeisterschaft im Bezirk Halle und 1965 Bezirkssieger über 10 000 m auf der Bahn (unter 32 min) vor den Cracks des SC Chemie Halle, das ließ schon aufhorchen in Trainerkreisen, und man staunte hier und da über den schnellen Unbekannten. Umso beachtlicher, wenn man erfährt, dass Folker stets sein eigener Trainer war und alles auf der Methode des langen ausdauernden Laufens beruhte: ‘Ein Tempobolzer im Training war ich nie.’ Nur nach Stunden rechnete er anfangs sein Laufpensum ab, erst später, ‘als es Mode wurde’, zählte er die Kilometer. Vielleicht an 130 Wochenkilometer mögen durchschnittlich in den aktivsten Zeiten zusammengekommen sein. Mit etwas Stolz und Wehmut zugleich erinnert sich Folker an sein bestes Jahr. 1968 beim Internationalen Karl-Marx-Städter-Marathon war er als Zehnter in 2:18:45 h drittbester einheimischer Athlet noch vor einigen Läufern der Nationalmannschaft. Lange Zeit wurde dies unter den Insidern als inoffizieller BSG-Rekord geführt, als Rekord außerhalb der in den etablierten Sportclubs geförderten Leistungssport-Elite. Denn die Türen zu einem dieser Klubs blieben ihm verschlossen. Schwerer als die sportliche Leistung wog damals (auch im Trainergespräch unter vier Augen beim TSC Berlin) die Tatsache, Bruder und Schwester im ‘Westen’ zu haben und sie nicht zu verleugnen. So erhielt er nicht die Chance wie andere. Nur einmal, fast ‘aus Versehen’, erfuhr er ‘aus der Kalten’ im Urlaub von der Nominierung für einen Marathonlauf im ungarischen Szeged, wo er dann Achter wurde. Doch das Kapitel seiner Leistungen als Aktiver macht ihn nicht aus, den Folker Lorenz, wie er bekannt und bei den Laufsportlern geschätzt ist. Die eigene Freude am Laufen, von der er bis heute nichts eingebüßt hat, zugleich als Organisator weiterzugeben, ist seine Passion. Vor allem im Berliner Plänterwald, einem der traditionsreichsten hauptstädtischen Laufhorts, sind die meisten Wettkämpfe bis heute mit seinem Engagement verbunden.”
Dank des Wanderpokals beim Plänterwaldlauf wird Folker Lorenz weiteren Generationen in Erinnerung bleiben.
Fotos
Video
Ergebnisliste der 20km
Geschichte des Plänterwaldlaufs